Im Hauptgottesdienst am 1. Juli 1965 und in einer anschließenden Abendmusik wurde unsere Orgel, die von der Firma Emil Hammer, Hannover in den vorangehenden Monaten erbaut wurde, festlich eingeweiht. Richard Behrens und Reino Ottermann waren es, die dem Instrument die ersten Töne entlockten. (Soweit bekannt ist unsere Orgel das einzige Instrument in Südafrika aus der Werkstatt Emil Hammer. Ihr kommt insofern eine be- sondere Bedeutung zu.) In den 55 Jahren seit diesem Tag ist die Orgel nach meiner Berechnung in mehr als 3750 deutschen und landessprachlichen Gottesdiensten, Passionsandachten und Trauerfeiern erklungen, ohne ein einziges Mal zu versagen. Trotzdem wurde es in den letzten Jahren immer deutlicher, dass das Instrument einer gründlichen Instandhaltung bedurfte. Nicht nur mussten die Pfeifen nachgestimmt werden, die Mechanik war hier und da auch schon ziemlich ausgeleiert, so dass es beim Spielen störende Nebengeräusche gab. So kam es, dass vor einigen Jahren der Orgelsachverstän- dige (und ebenfalls ehemaliger Organist in unserer Gemeinde) Prof. Antony Melck bei einem Besuch in unserer Kirche und einer Prüfung der Orgel zu einer dringenden In- standhaltung riet und gleich eine Liste der wichtigsten anstehenden Reparaturen erstellte. Der Kirchenvorstand nahm den Vorschlag einer Instandhaltung an und so wurde im Jahr 2016 mit einem Orgelinstandhaltungsprojekt begonnen. Ein Orgelinstandhaltungsausschuss wurde ins Leben gerufen, dessen Aufgabe es war, die nötigen Gelder zu beschaffen und eine geeignete Orgelbaufirma mit der Arbeit zu beauftragen. Ein kurzes Informationsblatt über den Hintergrund und ein “Barometer” über den finanziellen Stand des Projekts hingen lange Zeit am Informationsbrett im Eingangsportal unserer Kirche. Die Gemeinde hat insgesamt regen Anteil an dem Projekt genommen, es sich zu eigen gemacht und mit unzähligen kleinen und großen Spenden unterstützt. Das gibt Anlass zu großer Dankbarkeit. Der entscheidende Durchbruch zur Realisierung des Projekts kam, als das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes (Hannover) durch den freundlichen Einsatz von Frau Oberkirchenrätin Dr. Christine Keim sich bereit erklärte, un-er Projekt mit einer Spende von 5 000 Euro zu fördern.
Da die Leistungsfähigkeit im eigenständigen Orgelbau in Südafrika schon seit längerer Zeit stark zurückgegangen ist, schien es geraten, die Arbeit an eine europäische Firma zu vergeben. Nachdem aus einer möglichen Zusammenarbeit mit der Universität Stellenbosch bezüglich ihrer ebenfalls instandhaltungsbedürftigen Marcussen-Orgel nichts wurde, wurde zunächst Kontakt mit derjernigen Firma hergestellt, aus der unsere Orgel stammte (inzwischen als E. Hammer Orgelbau bekannt). Trotz großem Interesse an unserem Projekt entsprach der Kostenvoranschlag dieser Firma nicht unseren Vorstellungen. Daraufhin wandten wir uns, wieder durch die Vermittlung von Prof. Melck, an die Firma Rieger-Orgelbau in Schwarzach, Österreich. Rieger legte einen Kostenvoranschlag in Höhe von etwa R360 000 vor. Nach gründlicher Überlegung aller Faktoren wurde er vom Kirchenvorstand angenommen. Die Arbeit sollte im April 2020 in Angriff genommen werden, aber leider wurde dieses Vorhaben durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen verhindert und konnte erst ein Jahr später, Ende April/ Anfang Mai 2021 realisiert werden.
Nun war es endlich so weit: der renommierte Orgelbauer Michael Fritsch (mitte) kam am 23. April in Stellenbosch an und begann noch am gleichen Tag mit der Arbeit. Ihm zur Seite standen die von Rieger-Orgelbau verpflichteten Südafrikaner Werner Hurter (links) und sein Mitarbeiter Adriaan Roux (rechts) von der Firma Pyporrels. In zwei Wochen härtester Arbe- it haben sie die Orgel ganz auseinander- gebaut, den Staub von mehr als fünzig Jahren entfernt, alle defekten Teile ersetzt oder repariert, abgenutztes Leder ersetzt, die gesamte Mechanik neu eingestellt und präzisiert, den Luftdruck des Windmotors korrigiert, die Bekabelung neu gelegt und die mehr als 1 100 Pfeifen neu intoniert und gestimmt. Von seiten der Gemeinde war großes Interesse zu spüren, es kamen immer wieder Besucher, um sich die Arbeit und die einzelnen Teile der demontierten Orgel anzusehen. Es hat den Orgelbauern viel bedeutet, dass ihre Arbeit auf diese Weise unterstützt und geschätzt wurde. Bis zum Samstag, d. 8. Mai war alles wieder zusammengebaut. So konnte die Orgel am Sonntag Rogate, d. 9. Mai zum ersten Mal wieder gespielt werden. Ein Choralvorspiel zu dem Morgenlied Gott des Himmels und der Erden von Herbert Peter war das erste Stück, das auf der renovierten Orgel zum Klingen kam und dem Sonntag Rogate entsprechend war als Nachspiel Vater unser im Himmelreich von Georg Philipp Telemann zu hören.
Offiziell soll die Orgel nun am 29. August um 15:30 Uhr in festlichem Rahmen wieder in Gebrauch genommen werden. Dazu findet ein Orgelkonzert mit dem bekannten Organisten Winand Grundling statt. Nähere Information zum Programm wird später bekannt gegeben.
An dieser Stelle soll noch einmal ein ganz herzlicher Dank ausgesprochen werden allen denen, die mit Kraft und Tat, mit Spenden, mit vielfältigem Einsatz inner- und außerhalb des Kirchenvorstands, und mit reger Anteilnahme das Orgelprojekt unserer Gemeinde un- terstützt haben. Wir können sicher sein, dass unser einzigartiges Instrument für die nächsten Jahrzehnte mit neuer Klangfülle seinen Dienst zu Gottes Lob und Ehre und zum Aufbau seiner Gemeinde tun wird.
Bericht: Winfried Lüdemann Fotos: Christa Berghammer-Böhmer